2011 Trier

 

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Apothekenüberwachung in der Praxis – das diesjährige Thema der Pharmazierätetagung

Die jährliche Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) fand in diesem Jahr vom 16. bis 19. Oktober 2011 in Trier statt. Über 80 ehrenamtliche Pharmazieräte, Amtsapotheker, Vertreter der zuständigen Ministerien und Bezirksregierungen aus ganz Deutschland sowie der Standesvertretungen beschäftigten sich unter dem Leitthema „Apothekenüberwachung in der Praxis“ mit rechtlichen Fragen und Antworten aus der Apothekenüberwachung und den Qualitätsanforderungen der Zukunft.

Die Pharmazieräte und Amtsapotheker sind als Sachverständige für das Apothekenwesen u.a. zuständig für die Überwachung von öffentlichen Apotheken, für die Erstellung von Gutachten bei der Erteilung von Erlaubnissen (z.B. Betriebserlaubnis) oder für die Beurteilung von Verträgen. Als Entscheidungsgrundlagen für diese Tätigkeiten dienen u.a. das Apothekengesetz und die Apothekenbetriebsordnung. Da Gesetze erfahrungsgemäß nicht jede denkbare (und undenkbare) Konstellation beschreiben und regeln (können), müssen daneben häufig unter Berücksichtigung der Intention des Gesetzes Einzelfallentscheidung getroffen werden.
Um eine einheitliche Apothekenüberwachung in allen Bundesländern zu gewährleisten, haben sich Pharmazieräte und Amtsapotheker zu einer Arbeitsgemeinschaft APD zusammengeschlossen. Auf ihrer jährlichen 2 1/2-tägigen Arbeitstagung diskutieren sie gemeinsam mit Experten aus BMG, AATB und Vertretern der Standesorganisationen die aktuellen fachlichen und rechtlichen Fragen mit dem Ziel, einheitliche Antworten zu finden. Diese werden der fachlichen und politischen Öffentlichkeit in Form von Resolutionen und Sachverständigengutachten zur Kenntnis gegeben (z.B. in der Fachpresse).
Dieses Jahr reichten die Pharmazieräte und Amtsapotheker vor der Tagung viele Fragen aus allen Bereichen der Apothekenüberwachung zur Diskussion ein. Natürlich standen dabei geplante Regelungen einer neuen Apothekenbetriebsordnung im Mittelpunkt. Als Ergebnis der intensiven Diskussion wurden vier Resolutionen erarbeitet und einstimmig verabschiedet.
 
Traditionsgemäß wurde die Arbeitstagung durch den Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands, Christian Bauer, mit einem kurzen Grundsatzstatement eröffnet, in dem er darauf hinwies, dass die die Zukunft des Apothekerberufes unauflöslich vom Selbstverständnis als Heilberuf abhänge. Er appellierte an die Teilnehmer, dies regelmäßig bei der Überwachungstätigkeit herauszustellen. Wo Heilberuf draufstehe, müsse auch Heilberuf drin sein.
 
Grußworte sprachen für das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demographie Rheinland-Pfalz Staatssekretärin Jacqueline Kraege sowie für die Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz Präsident Dr. Andreas Kiefer.
Staatssekretärin Kraege bezeichnete die inhabergeführte Apotheke als sicherste Versorgungsform und erteilte kapitalgesteuerten Formen und Pick up Points eine klare Absage. Sie lobte das über Jahrzehnte bewährte „System Pharmazierat“, das durch nichts zu ersetzen sei. Für Dr. Kiefer fußt eine sichere Arzneimittelversorgung der Bevölkerung auf Vertrauen der Menschen in die Person Apotheker, das durch den persönlichen Kontakt täglich erlebbar sei. Er sieht die Pharmazieräte als Klammer für die Zusammenarbeit von Staat und freiem Heilberuf Apotheker.
Sehr gespannt waren die Teilnehmer auf den Vortrag der Leiterin des Referates „Arzneimittelzulassung und –qualität, Apothekenbetrieb“ im BMG, Ministerialrätin Dr. Dagmar Krüger, insbesondere, ob sie zum Stand der Überarbeitung der Apothekenbetriebsordnung etwas sagen konnte.
Sie konnte! Nachdem sie am Montag nur auf einzelne Punkte der geplanten Neuregelung näher einging, stellte sie am Dienstag, dem 18.10.11, als absolutes Highlight der Tagung den Tagungsteilnehmern – noch vor dem offiziellen Versand - den neuen Referentenentwurf zur Überarbeitung der Apothekenbetriebsordnung vor. Dr. Krüger betonte dabei das uneingeschränkte „Ja“ zur inhabergeführten Apotheke und relativierte das „GMP-Schreckgespenst“.
 
Aufgrund der Aktualität dieses Referentenentwurfs änderte der Vorsitzende der APD, Christian Bauer, kurzfristig das Tagungsprogramm und stellte die Diskussion von Fragen zur Apothekenüberwachung zurück, um Dr. Krüger genügend Zeit zur Vorstellung zu geben. Aufgrund der derzeitigen ausführlichen Diskussion soll an dieser Stelle nicht auf einzelne Punkte des Referentenentwurfs eingegangen werden.
 
Im Anschluss an Frau Dr. Krüger berichtete der Vorsitzende der Arbeitsgruppe „Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen“ (AATB) der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG), Pharmaziedirektor Dr. Klaus Kreuschner, Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt, über aktuelle Beschlüsse aus dieser Arbeitsgruppe. So sei eine Expertengruppe für Abgrenzungsfragen Arzneimittel/Lebensmittel/Kosmetikum geplant. Dr. Kreuschner forderte die Teilnehmer auf, bei obskuren Nahrungsergänzungsmitteln die Lebensmittelüberwachung einzuschalten. Abschließend stellte er sich eindeutig hinter die inhabergeführte Apotheke.
 
Die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Erika Fink, forderte als Folge des AMNOG ein Ende des „Sonderopfers“ der Apotheken und stattdessen die längst überfällige Anpassung des Apothekenhonorars. Sie stellte das ABDA/KBV-Konzept mit den Modulen
Medikationskatalog, Wirkstoffverordnung und Medikationsmanagement vor, das mehr Therapiesicherheit und Therapieoptimierung durch die Zusammenarbeit von Apotheker und Arzt bringt. Sie forderte die Teilnehmer auf, die neuen Fortbildungsmodule der BAK zum fallorientierten Lernen bekannt zu machen und zu nutzen.
 
Die aktuelle Gesetzgebung aus der Sicht der ABDA beleuchtete der Geschäftsführer der ABDA für Apotheken-, Arzneimittel- und Berufsrecht, Lutz Tisch. So hat die Bundesregierung die Einführung von BtM-Depots für die Palliativversorgung beschlossen. Hier besteht die Gefahr der Einführung eines Dispensierrechtes für die Ärzte „durch die Hintertür“. Im geplanten 2 AMGÄndG 2012 wird die Anzeigepflicht für Filialleiterwechsel von einer auf zwei Wochen angehoben und die Versorgung von Heimbewohnern ohne Versorgungsvertrag nach § 12a ApoG als Ordnungswidrigkeitstatbestand eingeführt. Das EU-Pharmapaket bringt Richtlinien zur Pharmakovigilanz, zu Fälschungen und zur Patienteninformation. Zunehmend ergänzen Gerichtsurteile die Gesetzgebung, z. B. durch das Verbot von Kosmetikbehandlung in der Apotheke, das Verbot von Warenautomaten für apothekenpflichtige Arzneimittel oder das Selbstbedienungsverbot. Dabei bestätigen die Gerichte zunehmend das Arzneimittel als besonderes Gut, das eine abgabebegleitende Beratung mit unmittelbarem persönlichem Kontakt in der öffentlichen Apotheke erfordert. Abschließend beklagte Tisch die sehr zögerliche Haltung der Bundesregierung beim Verbot von Pick-up-Stellen trotz sehr guter Vorschläge der ABDA.
 
Ministerialrat Gert Bernscher, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, beleuchtete in einem Kurzreferat die Rechte und Pflichten der ehrenamtlichen Pharmazieräte. Sie seien als Sachverständige der zuständigen Behörden tätig, inspizieren die Apotheken in ihrem Überwachungsbereich, melden ihre Feststellungen den zuständigen Behörden und unterstützen diese gutachterlich, z.B. bei der Erteilung von Erlaubnissen und Bescheiden oder in Verfahren. Die ehrenamtlichen Pharmazieräte seien dabei zur Verschwiegenheit und zur gewissenhaften und unparteiischen Ausübung ihrer Tätigkeit verpflichtet.
 
Als ausgewiesene „Fachfrau“ für Gefahrstoffe referierte Dr. Ute Stapel, Amtsapothekerin bei der Stadt Hamm, über die Umsetzung von GHS (Globally Harmonized System) in der
 
Apotheke. Sie erläuterte den Aufbau der Verordnung und die neuen Kennzeichnungselemente mit Gefahrenpiktogramm und Signalwort. Diese werden ergänzt durch Gefahrenhinweise (H = Hazard Statement) und Sicherheitshinweise (P = Precautionary Statement). Statt Gefährlichkeitsmerkmalen gibt es jetzt 28 Gefahrenklassen, die noch einmal in bis zu 5 Gefahrenkategorien unterteilt werden können. Da sich die Einstufungsgrenzen ändern, werden viele Stoffe neu ein- oder umgestuft. So wird es zukünftig mehr giftige Stoffe und Gemische geben. Die Umstufungen führen dazu, dass die bisherigen Gefahrensymbole nicht 1:1 durch die GHS-Piktogramme ersetzt werden können.
Für die Umstellung gibt es Übergangsfristen. So müssen alle Stoffe bis spätestens 01.12.2012 und alle Gemische bis spätestens 01.06.2015 umgezeichnet sein. Eine Doppelkennzeichnung ist nicht zulässig. Bei Standgefäßen bis zu 1 Liter ist in Apotheken eine vereinfachte Kennzeichnung mit Gefahrenpiktogramm und Signalwort möglich.
Parallel zur GHS-Verordnung ist die neue Gefahrstoffverordnung am 01.12.2010 in Kraft getreten. Dabei wird das alte Schutzstufenkonzept durch ein Schutzmaßnahmenkonzept ersetzt. Der Apotheker muss in der Gefährdungsbeurteilung die in der Apotheke einzuhaltenden Schutzmaßnahmen festlegen. Dabei unterscheidet man zwischen allgemeinen Schutzmaßnahmen, die u.a. Vorgaben zur Arbeitshygiene enthalten, zusätzlichen Schutzmaßnahmen und besonderen Schutzmaßnahmen für CMR-Stoffe (Kategorie 1A/1B).
Die Umsetzung in der Apotheke kann durch standardisierte Gefährdungsbeurteilungen in Abhängigkeit von der tatsächlichen betrieblichen Gefährdung erfolgen. Die Kennzeichnung der Stoffe dient als erste Orientierung. Die Auswahl der persönlichen Schutzmaßnahmen bezogen auf die Exposition kann z.B. durch ein farbliches Kennzeichnungssystem unterstützt werden.
Für die Apotheke bedeutet dies:
Es ist empfehlenswert, mit der neuen Kennzeichnung noch zu warten, da einerseits die meisten Liefergefäße = Aufbewahrungsgefäße bereits jetzt mit der neuen Kennzeichnung bezogen werden und da andererseits mit der geplanten Novellierung der Apothekenbetriebsordnung die Zahl der Reagenzien deutlich reduziert werden kann.
Die APD hat zur praxisgerechten Umsetzung eine entsprechende Hilfestellung erarbeitet (siehe Anlage).
 
Mit einen Expertengremium, bestehend aus Ministerialrätin Dr. Dagmar Krüger, BMG, Ministerialrat Dr. Frank Bendas, Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz, Ministerialrat Gert Bernscher, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, Ministerialrat Dr. Michael Cramer, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen, Rheinland-Pfalz, Pharmaziedirektor Dr. Klaus Kreuschner, Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt und Lutz Tisch, Geschäftsführer Recht der ABDA, wurde ein Teil der von den Teilnehmern eingereichten Fragen zur Apothekenüberwachung diskutiert. Als Ergebnis wurden einstimmig die nebenstehenden Resolutionen beschlossen.
 
Als Ergebnis der Diskussion des vorgestellten Referentenentwurfs zur Änderung der ApBetrO beschlossen die Teilnehmer der Tagung einstimmig folgende wesentlichen Punkte für die Stellungnahme der APD:
Turnusbedingt waren Neuwahlen erforderlich.
Die APD sprach einstimmig dem bisherigen Vorstand für weitere 3 Jahre das Vertrauen aus.
 

Der wiedergewählte Vorstand:

1.Vorsitzender: Christian Bauer, Burglengenfeld
2.Vorsitzende: Dr. Ute Stapel, Hamm
Schatzmeister: Dr. Walter Taeschner, Lörrach
Beiräte: Dr. Winfried G. Berger, Essen
Dr. Wogang Kircher, Peißenberg

Die Tagung wurde wieder ausgezeichnet vorbereitet von Dr. Winfried-G. Berger. Ein attraktives Rahmenprogramm ergänzte die Tagung: Trier als älteste Stadt Deutschlands; urs opulentissima“ mit vielen römischen Zeugnissen wie Porta Nigra, Römerbrücke, Kaiserthermen; Geschichte von Kaiser Konstantin dem Großen bis Karl Marx; Weltkulturerbestadt. Und in der Umgebung fließt nicht nur das Wasser der Mosel…..
 
Um die finanziellen Belange kümmerte sich umsichtig und zuverlässig der Schatzmeister der Arbeitsgemeinschaft, Dr. Walter Taeschner, Lörrach.
 
Die APD bedankt sich für die freundliche Unterstützung der Tagung bei folgenden Firmen: ABDA, Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz, Govi-Verlag, Anzag, Sanacorp, VSA und Wepa.
Ein herzliches Dankeschön auch dem gesamten Vorstand der APD, Dr. Ute Stapel, Dr. Winfried-G. Berger, Dr. Wolfgang Kircher und Dr. Walter Taeschner, für die Vorbereitung und Durchführung der Tagung.
 

Zur Information:

Unter www.pharmazierat.de können die Resolutionen, Berichte und das Referat zum Thema GHS nachgelesen werden.
 

Zum Vormerken:

Die nächste Arbeitstagung der APD findet von 14. bis 17. Oktober 2012 in Bamberg statt.
 
Christian Bauer
 
Vorsitzender der APD
Löwen-Apotheke, Regensburger Str. 35, 93133 Burglengenfeld; Tel. 09471/5789
 
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